Ein Feierabend wie jeder andere: Du kommst von der Arbeit nach Hause, freust Dich auf Couch und Fernsehen, bleibst im Treppenhaus zwischen Haus- und Wohnungstür nur kurz olfaktorisch an einer merkwürdigen Mischung aus Schweiß, kaltem Zigarillorauch, Sonnenbank und einem schweren, süßlichen Herrenduft hängen und lässt die Tür hinter Dir ins Schloss fallen.
Was folgt, ist der übliche Feierabendtanz: Jogginghose an, Abendessen zubereiten, Mails checken nebst allgemeinem herumprokrastinieren und dann: Fernseher an.
Nichts.
Kein Empfang, rauschen auf allen Kanälen.
„Wird eine Störung sein“, denkst Du erst und twitterst es noch bevor Du eine DVD aus dem Regal ziehst.
Doch auch nach dem Film – nichts.
Du fühlst Dich allein, beschließt verfrüht ins Bett zu gehen, aber vorher würdest Du noch kurz den Müll raus bringen. Auf dem Weg zurück entdeckst Du an der Kellertreppe einen Aufkleber, der Dir mitteilt, das (Zitat) „Diese Anlage (..) Eigentum von Kabel Deutschland (und) Manipulation (..) strafbar (ist)“. Darunter krakelig mit einem etwas zu dicken Erding geschriebene Telefonnummern und ein Wort, das mit viel Wohlwollen und geduldigem Entziffern als „Anmeldung:“ durchgehen könnte.
Du rufst an, ein Mann meldet sich mit vertraulichem Ton und nach wenigen Minuten ist klar: Das war keine Störung, sondern die Kabel Deutschland-Version eines abgetrennten Pferdekopfes im Boduir.
Er könne das aber noch schnell erledigen, wenn Du jetzt noch zu Hause seist; ansonsten gäbe es ohnehin erst wieder nach dem Wochenende die Gelegenheit, denn vorher sei er für einige Tage in Hamburg bei seiner Schwester.
Du bestellst den Mann also, angetan von soviel offen zur Schau getragener Professionalität, ein. In Minutenfrist klingelt es, ihr trefft Euch im Keller zwecks Anschluss an die Verteilerdose incl. anschließender Erklärung der Technik.
Dein Einwand morgen um fünf raus zu müssen wird als Folgefrage missverstanden und so bist Du – Minuten später und um Tage gealtert – in die groben Vorzüge der Kabel Deutschland-Technik eingeweiht. Denn früher sei ja alles viel komplizierter gewesen und er könne Dir da Geschichten erzählen, hahaha, usw usf.
Wegen des Papierkrams müsst ihr dann doch noch in die Wohnung. Formular ausfüllen, 49,50 € Anschlussgebühr, was ist das denn für eine Frühschicht, von der Sie immer reden? Das ist ja interessant, da habe er auch mal gearbeitet, da könne er Dir Geschichten erzählen, hahaha, usw usf.
Tja, und das tut er dann auch. Ob er vielleicht ein zweites Glas Wasser haben könne, ach und ein Erlebnis habe er noch gehabt, da habe er jemanden nach Mönchengladbach fahren müssen.
Als er nach 25 Minuten Taxigeschichten die Wohnung verlässt, riecht es im Wohnzimmer nach Männerschweiß, kaltem Zigarillorauch, Sonnenbank und einem schweren, süßen Herrenduft und Dir wird klar: Er ist der Geruch!
Immerhin hast Du wieder Kabelfernsehen.