Sado-Bauarbeiter

Okay, jetzt heute bin ich überzeugt: Der Bauarbeiter an sich ist einer der größten Sadisten auf Erden. Und natürlich ist dieser Tage mal wieder Clubtreffen am Kieler Südfriedhof. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ordentliche Straßen, Häuser, Wasserleitungen und so finde ich total wichtig, das ist super, olé olé, gute Arbeit.

ABER:

Was sich Bob der Baumeister und seine Freunde heute (schon wieder) geleistet haben, das macht mich einfach fertig. Ich kann mit sowas nur ganz schlecht umgehen und kriege dann so eine leichte Tendenz zum Pöbeln. Mit Mühe konnte ich mich heute davon abhalten, mich nackt im Schlafanzug weiter als möglicherweise nötig aus dem Fenster zu lehnen und irgendwas ehrverletzendes die Straße runter zu brüllen. Sowas wie „EEEEEEY! HÖRT VERDAMMT NOCH MAL MIT DIESER BEKACKTEN SCHEIßE AUF! EURE MÜTTER ARBEITEN DOCH AUF’M FISCHKUTTER – ALS GERUCH!!!“

Wie gesagt, konnte ich gerade noch verhindern, aber wenn das so weiter geht, dann dreh ich hier irgendwann durch und laufe Amok. Ist ist ja noch nicht mal so sehr die bereits erwähnte „bekackte Scheiße“, die mich primär aufregt. Wirklich fertig – auch auf emotionaler Ebene – macht mich, was sie danach tun. Jeden Morgen.

Nämlich nüscht.

So wie heute: Ab sechs Uhr dröhnt irgendeine Machine, die ich zwar nicht näher kenne, die aber sehr beeindruckend klingt. Heute wurde zusätzlich irgendwas metallenes über die Straße geschleift. So ungefähr in der Zeit von 6.03 bis 6.18 – eine Viertelstunde „bekackter Scheiß“, die ausreicht, um dafür zu sorgen, dass die komplette Straße wach ist. Und dann kommt der eigentliche Bauarbeiter-Sadismus zum Tragen: Dann ist nämlich erstmal gespenstische Stille. Es ist als würde der Vorarbeiter auf sein eigens angeschafftes Lärmpegelmessgerät schauen, nach 15 Minuten bei konstant 137,4 dB Schalldruck in 150 m Entfernung kann niemand mehr schlafen, das ist wissenschaftlich belegt. Und wenn diese Wert erreicht und gründlich dokumentiert ist, ist erstmal Pause. Allein schon, damit die teuren Maschinen nicht überhitzen.

Jetzt zum Beispiel. Ich schreibe seit gut 35 Minuten, und in der Straße ist es so ruhig wie sonst nachts nicht. Man könnte einen Jungvogel aus dem Nest fallen hören. Wenn es hier noch gefiederte Freunde gäbe, die nicht schon längst vor dem Lärm in eine ruhigere Gegend geflüchtet sind. Zum Beispiel die A7 kurz hinter dem Elbtunnel. Vielleicht ist das der Grund, warum ich hier noch keinen Jungvogel habe fallen hören.

Aber das Thema ist ja heute auch „Sado-Bauarbeiter“ und nicht „Einer fiel aus dem Kuckucksnest“. Normalerweise werde ich dienstags gegen halb sieben vom Staubsaugerfahrzeug der Stadtreinigung geweckt. Heute kam die Karre gar nicht. Hat wahrscheinlich gesehen, wie die Bauarbeiter hämisch grinsend sich zuprosteten (ohne anzustoßen, das soll ja keiner hören) und ihre Maurerbrause trinken. Und hat sich leise (sic!) weinend wieder ins Depot zurückgezogen.

Erinnert mich ein kleines bisschen an die Anweisung eines Vorarbeiters beim Autobahnbautrupp: „Los, los Männer, die Autobahn muss bis heute Nachmittag auf 10 km aufgerissen sein, morgen zum Berufsverkehr sind sechs Wochen Betriebsferien.“

Aber so komme ich wenigstens mal wieder zu ein paar Sachen, die ich sonst nicht schaffe. Ich kann an meiner Makramé-Eule weiterarbeiten, die lange fällige und viel zu lange liegen gebliebene Sortierung aller Kontoauszüge seit Sommer ’98 erledigen oder meinetwegen sogar meinen heimlichen Traum, alle Dachziegel zu zählen, die ich vom Schlafzimmerfenster aus sehen kann, wahr machen. Vorher werde ich aber meine Lateinkenntnisse auffrischen und ein bisschen Tacitus übersetzen. Die Zeit hab ich ja.

JETZT klingelt übrigens gerade mein Wecker. Der blanke Hohn.

3 comments on Sado-Bauarbeiter

  1. Nunja, ohne diese Zeit hätte ich keinen so schönen Blogeintrag zum Frühstück lesen dürfen. #tröst
    Hab‘ das aber auch gerade erst letzte Woche im Ausland beobachten dürfen: Die Straße vor unserem Haus wurde von 07h00 bis 07h17 aufgemeißelt. Dann Funkstille bis ZUM NÄCHSTEN MORGEN! Auf meine Nachforschungen hin lautete die simple Erklärung für dieses Phänomen: HItzefrei! Wenn die Temperaturen über 34°C liegen, darf dort nicht mehr im Straßenbau gearbeitet werden.
    Ich hab‘ den falschen Job, wie’s aussieht.

  2. Ganz offsichtlich. Wenn man ja nicht irgendwann zur Arbeit müsste, könnte man diese Zeit der Stille ja evtl. noch für eine After-Breakfast-Siesta nutzen. Aber so? Eher nicht. 🙁

  3. Oh Mann – als die den Knooper Weg aufgerissen habe wars das selbe Spie: Morgens zwischen sechs und sieben Höllenlärm, dann bis ca. 8 – 8:30 Uhr medium Herumgewerkele und wenn ich das Haus verlassen habe sassen die in ihren Autos zum ersten/zweiten/dritten Frühstück.
    Hat ganz stark was von „wenn wir wach sein müssen sollt ihr das auch“.

    Auf jeden Fall mein Beileid!

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