An jedem fünften des Monats versammelt sich der Freundeskreis Tagebuchbloggen hinter dem Aufruf von Frau Brüllen, doch den eigenen Tag mal eingehend zu beschreiben. Ich bin ja eher im Bereich Tagebuch-Podcasting unterwegs und erlaube mir hier ein monatliches Gastspiel.
Ich wurde heute mehr als eine Stunde vor dem Wecker wach. Das gibt dem Tag ohnehin immer ein wenig mehr Gravitas, als sonst. Aber wenn der Wecker ohnehin schon auf 5.30 Uhr steht, wird das nicht zwingend besser. Hilft ja nix: Die morgendliche Badezimmerroutine erstreckt sich umständehalber gerade auf mehr als einen Raum, denn die Toilette und die Gästetoilette sind verstopft. Dazu später mehr. Im Anschluss daran zunächst auf die Hunderunde, soweit ohne Vorkommnisse, und dann zunächst zum Hunde-, dann zum Menschenfrühstück. Ich bereite auch heute wieder das Schulessen für das Gastteenie vor und überprüfe zwischendurch ihren Zustand. Sie ist wach und orientiert, wie man sich das kurz vor 7.00 Uhr eben wünscht.
Das Gastteenie ist aus dem Haus, ich mische das Futter für die Hühner an: Vier Kellen Legemehl, anderthalb Kellen Picobal Mineralkram für extra Kalzium, damit die Eierschalen gut ausgebildet werden. Kalzium setzen wir auch dem Trinkwasser zu, weil die gefiederten Feinschmecker das andere Zeug gern aussortieren. Ein Ei kann ich schon gleich morgens mitnehmen, die Herzdame wird später ein weiteres im Legenest finden. Nachdem die Tiere versorgt sind, widme ich mich der morgendlichen Buchhaltung und überweise auf den letzten Drücker das Geld für die Künstlersozialkasse und bei der Gelegenheit auch gleich die erste Rate für das Ferienhaus im Herbst. Dabei fällt mir die nahende Deadline für die Einkommenssteuervorauszahlung auf, die demnächst auch noch fällig wird.
Auf den Schreck schleiche ich mich noch einmal kurz ins Bett, ein Stündchen Schlaf gönne ich mir noch vor der Frühkonferenz. Dort wird viel über die Sondierungsergebnisse und deren Auswirkungen auf das heutige Programm gesprochen, trotzdem sind wir kurz vor 10.00 durch und ich widme mich der heutigen Tagesaufgabe: Wie blicken denn die Jugendorganisationen der beteiligten Parteien auf die Sondierung? Dazu habe ich mich gestern mit Vertreter*innen von Jusos und Junger Union getroffen. Das war soweit erwartbar: Bei der JU waren alle drei Mitte 20, Jurist*innen und noch ziemlich im Wahlkampfmodus. Ich hatte das Gefühl, dass da eher vorbereitete Talking points runtergerasselt werden. Bei den Jusos hingegen sehr viel mehr Diskussionsfreude, aber die stehen ja ohnehin immer mit einem Bein auf einer Barrikade, im Zweifel auch gegen die eigene Partei. Mein Eindruck ist, dass es elementarer Bestandteil der Sozialdemokratie ist, die eigene Partei doch immer auch so ein bisschen scheiße zu finden. Das kam im Gespräch stellenweise ganz gut raus.
Das Ergebnis des gestrigen Tages waren 70 Minuten Rohmaterial aus denen ich heute einen Beitrag von maximal acht Minuten Länge herausdestillieren soll. Letztlich ist das Handwerk: Die Thesen der einen denen der anderen gegenüber stellen, ein paar einordnende Sätze dazu und noch ein paar Fakten gegenchecken – trotzdem anstrengend. Nach knapp fünf Stunden inklusive Pause – es gab Erbsensuppe aus der Dose mit vegetarischen Würstchen – ist der Text fertig zur redaktionellen Abnahme. Gleichzeitig warte ich auf den buchstäblich erlösenden Anruf der Rohrfrei-Firma: Seit Wochen sind immer mal wieder einzelne Toiletten verstopft, seit Wochen löst sich das Problem von allein oder mit etwas Pömpel-Nachhilfe. Weil nun aber die Abstände zwischen den Verstopfungen kleiner werden und seit dem Wochenende beide Toiletten gleichzeitig betroffen sind, soll ein Profi ran. Der ist bestellt, aber weil wir noch eine weitere Toilette im Haus haben, halt nicht mit „Bitte lassen Sie alles stehen und liegen und helfen Sie uns“-Timbre in der Stimme. Drei Tage nach Erstkontakt mit der Fachfirma dürfte aber langsam auch mal jemand auftauchen. Am Morgen hatte mir die Disponentin auf meine freundliche Nachfrage gesagt, der eingeplante Kollege sei am Vormittag noch bei einem anderen Termin und sie würde sich melden, wenn er zu uns aufbräche. Hat sie bis 17 Uhr nicht, ich rechne nicht damit, dass der heute noch kommt. Die Wartezeit verbringe ich damit, die Hühner dafür zu loben, wie toll sie den Rasen vertikutiert haben.

Das Gastteenie ist seit 15 Uhr zuhause, hat sich selbst verpflegt und dann in ihre Gemächer zurückgezogen. Ich rechne nicht vor 19 Uhr mit einer weiteren Sichtung. Die Herzdame ist heute ganztägig unterwegs und ich läute nun allmählich den Feierabend ein mit der Frage, was es heute zum Abendessen geben soll. Ich denke an Semmelknödel mit Pilzrahmsauce und irgendwas dazu, das ein Schnitzel ersetzt.