Netter Versuch, taz.

Ich lach mich scheckig! Die taz twitterte:

Der Link führt zum taz-Hausblog in dem wortreich erklärt wird, wie perfide doch die Werbung insbesondere im Sport die Medien durchsetzt hat:

Die Professionalisierung und Durchökonomisierung des Fußballs hat dazu geführt, dass dem Zuschauer immer mehr Werbung zugemutet wird. Sie befindet sich nicht nur auf der Brust der Spieler, nein, neben dem Tor liegen Werbeteppiche, die im Fernsehen wie dreidimensionale Aufsteller aussehen. Vereine setzen auf die doppelte Werbebande, wobei die hintere bis zu drei Meter hoch sein kann. Es ist ein monströser Werbewall. Im Mittelkreis liegt vorm Spiel eine textile Werbebotschaft. Die Spieler gehen vor dem Match über eine Matte, auf dem groß ein Sponsorenname steht. Die Fifa präsentiert den “Player of the Match”, natürlich gesponsort von einem Biermulti. Alles, aber auch wirklich alles bezieht sich im Fußball auf dessen Verwertbarkeit.

Gut, das stimmt ja auch und auch wenn ich kein ausgewiesener Fußballgucker bin, nervt mich die Werbung schon auch. Insofern ist es vordergründig eine ganz geile Aktion, die die taz da jetzt fährt: Alles was sich an Werbung auf einem Bild in der Sportberichterstattung findet wird konsequent weggepixelt. Schönes Ding, muss man anerkennen.

Was mir dabei aber missfällt ist die Begründung. Auch das Gutmenschenhausblatt taz lebt von Werbung und mir drängt sich beim Lesen mancher Zeile aus dem Eintrag im Hausblog doch ein wenig Zweifel auf:

Anders die Presse. Sie kann filtern und sortieren, kann Sponsorennamen bei der Nennung von Stadien weglassen, was auf den taz-Sportseiten schon länger passiert. Und sie könnte die Logos von Brustsponsoren auf Fotos verdecken oder verpixeln, was wir jetzt zwei Wochen lang auf den Sportseiten der taz tun wollen, um zu zeigen, wie allgegenwärtig und aufsässig die Werbung im Sport ist. Nach diesen zwei Wochen wollen wir dann möglichst jene Fotos aussuchen, die viel Sport zeigen und wenig Sponsoren. Immer wird das nicht gelingen. In diesen Fällen werden wir dann weiterhin zum Mittel der Unkenntlichmachung greifen. Es ist ein Versuch, ein Test – vielleicht auch ein Kampf gegen Windmühlen. Aber wir wollen demonstrieren, dass es auch anders gehen kann.

Hach, was für ein Glück, dass wir die Presse haben. Dank Print ist wenigstens noch ein kleines bisschen Moral in den Medien zu finden, wenn man nur lang genug sucht. Fakt ist, und das ist nichts neues, dass den Zeitungen die Leser und noch viel schlimmer die Anzeigenkunden weglaufen. Fakt ist auch, dass deswegen seitens der Verlage immer kreativiere Wege gefunden werden, wie man hier noch etwas einsparen und dort noch etwas outsourcen und dort hinten die Büroeinrichtung verkaufen und wieder zurückleasen kann.

Gibt’s so natürlich nicht nur im Print, wollen wir ehrlich sein. Nur zu gut ist mir manche Redaktionskonferenz in den diversen Radiosendern Deutschlands in Erinnerung, in der es mit wunderbarer Regelmäßigkeit hieß: „Das Thema ist mir zu werblich, wenn Fa. XYZ eine Nennung bei uns haben will, dann soll sie sich an die Marketingabteilung wenden.“

Das dürfte so ähnlich auch bei der taz maßgeblich zum Entscheidungsfindungsprozess beigetragen haben: Ein verzweifelter Anzeigenverkäufer sieht seinen Forecast davon schwimmen und während er in der aktuellen taz blättert, fallen ihm die Werbepapperl von all den Firmen auf, die bei ihm nicht gebucht haben und trotzdem über den Umweg des Sportsponsorings ins Blatt geraten sind.

Mal abwarten wie lange es dauert, bis der erste taz-Werbekunde versehentlich nicht verpixelt wird…

2 comments on Netter Versuch, taz.

  1. Man kann das Thema nicht nur aus der Brille der Redaktionen betrachten, sondern muss auch einen Blick aus Sicht des Sports auf das Thema werfen. Wenn Sportfotos grundsätzlich immer verpixelt würden, dann würde das gesamte Finanzierungssystem des Sports in sich zusammen brechen. Ich habe die Hintergründe in meinem Blog näher beleuchtet: https://bit.ly/p1M0RG

    1. Natürlich ist die Hintergrundbeleuchtung letztlich Werbung für eine Sportvermarktungsagentur. Nichtsdestotrotz ist der Beitrag durchaus lesenswert.

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