Immer am Fünften eines Monats bemühe ich mich, dem Aufruf von Frau Brüllen zu folgen und meinen Tag zu dokumentieren. Es gibt Leute, die das täglich machen, ich beschränke mich auf monatlich. Auch, damit hier gelegentlich mal was erscheint, das ausschließlich in Schriftform veröffentlicht wird. Abwechslung im Konstanten finden, so wichtig im Leben.
Mein Tag beginnt früher als üblich. Außerplanmäßig früh, möchte ich hinzufügen, denn ich werde eine halbe Stunde vor dem Wecker wach. Das stört mich meistens nicht, aber fünf Uhr morgens ist auf der Unchristlichkeitsskala ziemlich weit vorn. Wobei es, wie mir beim Schreiben auffällt, eine Art Grenze gibt: Ab fünf spreche ich von „morgens“, vorher ist „nachts“. Spannend. Jedenfalls beschließe ich, dass es sich für 30 Minuten absehbar nicht lohnen wird, sich noch einmal umzudrehen, zumal der zärtliche Ruf des Granufinken kitzelt: Wenn ich ohnehin aufstehen muss, kann ich es mit Dusche und der morgendlichen Badezimmerroutine auch gleich offiziell machen.
Die Hunderunde verläuft mit dem Rest vom Blathering und dem Beginn des aktuellen Haialarm erfreulich zwischenfallsfrei: Wenn man eine halbe Stunde früher unterwegs ist als üblich, sind noch weniger Menschen auf der Straße. Das erste Highlight des Tages.
Wieder zuhause füttere ich den Hund, bereite ich mein Frühstück vor und schiebe für das Gastteenie zwei Brötchen in den Ofen. Könnte sie auch selbst, aber das geht sich manchmal mit ihrem Zeitmanagement nicht so recht aus und dann isst sie den halben Tag nix und das kann ja niemand wollen. 6.40 Uhr ist Gastteenie-Weckzeit, sie hätte fast verschlafen. Ich erweitere meine Frühstücksvorbereitung also dergestalt, dass ich die Brötchen auch noch belege und verpacke. Das Gastteenie verlässt das Haus also pünktlich und ich setze mich kurz mit dem Hund auf’s Sofa, bevor mir wieder die Augen zu fallen wollen. Nicht, dass ich diese ausgesprochen frühe Siesta vor irgendwem rechtfertigen müsste, aber ich denke mir so: Der einzige Termin des Tages beginnt um 17 Uhr, da muss ich vor dem Mittag ja eigentlich nicht anfangen.
Zwei Stunden später geht es mir zumindest ein bisschen besser. Die Herzdame hat in der Zwischenzeit schon die Hühner versorgt und verabschiedet sich zu ihrem ersten Termin des Tages. Ich richte das Wohnzimmer für den Staubsaugerroboter her und gehe dann doch mal an den Schreibtisch. Ein paar Mails beantworte ich, überweise noch schnell am Stichtag das Geld an die Künstlersozialkasse und recherchiere schon mal Themen für die kommende Woche an. Ein kurzer Mittagssnack, eine weitere Hunderunde und, Donnerlittchen, es ist schon wieder Zeit für eine zweite Siesta.
Kurz vor drei werde ich wach und auch direkt hektisch, denn das war ungeplant lang. Ich begrüße das heimkehrende Gastteenie, bespreche im Gehen Details zum restlichen Tag und springe ins Auto. Die Fahrt führt zunächst zum Reifenheini, der die Radmuttern nachziehen soll. Die Winterreifen waren doch nicht mehr so gut, wie im Oktober gedacht: Sägezahnbildung, Profil am Minimum, die mussten neu. 600 Euro hat der Spaß gekostet, nach den 2.000 für die Inspektion vorgestern ein ziemlicher Klopper. Aber hilft ja nix.
Auf dem Weg zum Termin amüsiere ich mich über die Kack- und Sachgeschichten, parke den Wagen und löse unter Aufsicht der Ordnungsamtsperson per Easypark ein Ticket für die letzten 40 Minuten Gebührenpflicht. Mein Termin involviert drei Personen, die ich zu ihrer bevorstehenden Premiere als Wähler*innen einer Bundestagswahl befragen soll. Eine kommt etwas zu spät, eine ist krank und hat vergessen bescheid zu sagen und eine weitere hat es schlicht vergessen, dass wir verabredet waren. Schade, Schokolade, wir versuchen das am Freitag nochmal. Das ist dann aber auch die letzte verbleibende Chance, denn über’s Wochenende muss dann der Text fertig werden, Deadline ist am Montag um 11.00 Uhr.
Die Heimfahrt ist bestenfalls ereignislos, zuhause schreibe ich noch zwei Mails, kontrolliere ob die Hühner im Stall sind – sind sie nicht vollzählig, eines wird manchmal nicht reingelassen – und lasse den Tag mit einem leckeren Abendessen, diesem Text und der vorerst letzten Episode „Alice in Borderland“ ausklingen.