Facebook beginnt "frictionless sharing" einzuführen

Im Zusammenhang mit dem neuen Timeline-Feature wird Facebook auch as so genannte „frictionless sharing“ einführen. Das ist eine Funktion, die es dem Nutzer aus der Hand nimmt, welche Inhalte er teilen möchte und welche nicht. In den USA beginnt in diesen Tagen der Roll-Out des neuen Features und schon jetzt schlägt Facebook ein heftiger Gegenwind ins Gesicht. „Frictionless sharing“ funktioniert folgendermaßen:

Ich als Anbieter von Content erstelle eine News-Reader-App bei Facebook und binde diese an den Inhalt meiner Website an. Wenn jetzt ein eingeloggter Facebook-Nutzer einen meiner Artikel liest, erscheint darüber sofort und ohne sein Zutun eine Meldung a la „XY liest ‚Die überlichtschnellsten Neutrino-Witze‚ auf Jörn Schaars feine Seite“ im Nachrichtenstrom aller seiner Freunde. Wer jetzt aber auf den Link klickt, der wird nicht etwa zu den Neutrino-Witzen geleitet, sondern viel mehr zu meiner Newsreader-App auf Facebook, die nach umfangreichen Erlaubnissen fragt.

Du als Facebook-Nutzer bist natürlich sehr interessiert an lustigen Witzen und installierst die Anwendung. Schön für mich: Ich habe ohne großen Aufwand die Reichweite meiner Seite erhöht. Und weil Du die App jetzt auch benutzt, werden auch Deine Freunde darüber informiert, dass Du die Neutrino-Witzesammlung liest. Von denen wird auch wieder einer drauf klicken usw. usf.

Für uns, die wir Facebook nutzen, könnte unser Nachrichtenstrom damit bald zu einer echten Tortur werden. Wenn ich morgens vor dem PC sitze öffne ich erstmal etwa 20 Tabs mit interessant klingenden oder empfohlenen Artikeln. Zukünftig könnten dann also sofort alle 20 Artikel in meiner Facebook-Timeline auftauchen. Vieles von dem ist möglicherweise total langweilig und interessiert mich gar nicht. Sowas würde ich unter normalen Umständen nicht mit meinen Facebook- oder Twitter-Leuten teilen wollen. Das habe ich aber im Falle von Facebook dann schon gemacht. So führt Facebook meine Kontakte nicht nur darüber hinters Licht, was ich angeblich interessant und teilenswert finde, es sorgt auch gleichzeitig für eine virusartige Verbreitung dieser Social Reader-Apps.

Avatter fasst das sehr gut zusammen:

Es ist nicht verkehrt, kurz die Begrifflichkeiten zu sortieren: Mit 800 Millionen Nutzern ist Facebook ein privatwirtschaftlich geführtes Meta-Internet mit eigenen Regeln. Und was nach den bisherigen Plänen hier passieren wird, ist die Einführung eines Trojanischen Pferdes: “Ein Trojanisches Pferd (kurz Trojaner) ist eine Kombination eines (manchmal nur scheinbar) nützlichen Wirtsprogrammes mit einem versteckt arbeitenden, bösartigen Teil, oft Spyware oder eine Backdoor. Ein Trojanisches Pferd verbreitet sich nicht selbst, sondern wirbt mit der Nützlichkeit des Wirtsprogrammes für seine Installation durch den Benutzer.” (Wikipedia) Doch hier – auf Facebook – heißt die Malware “Feature”.

Und so halte ich es mit der ebenfalls bei Avatter zitierten Molly Wood von Cnet:

“Keep copy-paste alive, I beg you: please don’t install these ‘social reader’ type apps. Troll the Web as you usually do, and post the links you want to share.“

Recht hat sie, denn gegen das was da auf uns zu kommen könnte, dürften die Meldungen von Farmville und Konsorten ein lauer Pups gewesen sein.

4 comments on Facebook beginnt "frictionless sharing" einzuführen

  1. Wegen solcher Gags bin ich ausschliesslich mit einem dedizierten Browser (meist Safari) bei Facebook und einem anderen (meist Chrome) bei Google Plus und nutze meinen Hauptbrowser Firefox für den Rest des Internets. Bei allen dreien wird jeden Abend der Müll weggebracht, also Cookies, Cache, Verlauf etc. geleert und am nächsten Morgen wieder sauber und frisch geduscht neu begonnen. Keine Tracking cookies, die mich auch nach dem Ausloggen verfolgen, fast keine maßgeschneiderte Werbung – es ist himmlisch.

  2. Ich hab das nur halb verstanden. Der Anfang liest sich so, als ob in meiner Timeline, ohne mein Zutun, nun besagte „Chräcker Heller liest gerade bei meine-url-ist-etc“ landen (vorausgesetzt, Du bindest freilich entsprechend ein ;-))

    Später lese ich dann bei Deinem Artikel: „Du als Facebook-Nutzer bist natürlich sehr interessiert (…) und installierst die Anwendung.“ – Das liest sich jetzt für mich so, als ob ich als Chräcker Heller doch erst ein Zusatzprogramm zu meinem facebookacount zuschalten müsste, damit diese Meldungen in meiner Timeline erscheinen?

    Und kann man dann nicht einfach diese „App“ ignorieren, wie man das sonst bei den Spiele-Apps in facebook ja auch kann?

  3. PS. Sorry für den Doppelkommentar: ich meinte mit meinem „ich als cChräcker muss erst App installieren, damit Meldungen erscheinen“ natürlich nicht die Meldungen anderer: die kämen dann, wenn DIE diese App dazu schalten, das ist mir an der Stelle doch schon klar. *hust*

  4. @ Kiki: Damit wollte ich auch schon längst anfangen. Also zumindest Verläufe und Cookies löschen. Sieht aus, als würde es jetzt langsam mal Zeit dafür.
    @ Chräcker: Du kannst die App natürlich ignorieren. Das hat allerdings den Preis, dass Du den so geteilten Link nicht anschauen kannst, weil Du immer erst auf die „Bitte genehmigen Sie diese App“-Seite kommst.

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