Glanzstück des zynischen Verreissens mittelmäßiger Konzerte

Sarah Connor war ganz offensichtlich in der Stadt. Ich hab’s nicht mitbekommen. Einerseits weil ich von der Tanten schon vor „Sarah & Marc in Love“, „Sarah & Marc Crazy in Love“ und dem ganzen anderen Mist und um Madame schon kein Interesse an ihrer Musik hatte. Andererseits weil derzeit zum Glück auch keine berufliche Notwendigkeit besteht, sich dafür zu interessieren. Aber dafür gibt es ja die Kollegen der Kieler Nachrichten. Die haben keine Wahl, die müssen sowas wissen und sie müssen auch noch was drüber schreiben.

Ein gefundenes Fressen für den zuständigen Redakteur muss der Auftritt in der Sparkassen-Arena Ostseehalle gewesen sein: Nur rund 1500 Fans waren da, um Frau Connor zuzuhören und -jubeln. Das macht einen Abendtermin dieser Güte (sowas wird meist durch Hölzchen-Ziehen vergeben) schon direkt zu einem ganz anderen Erlebnis. Man hat Zeit, sich schon während des Konzerts Gedanken über die Formulierung zu machen. Was lobt man im Artikel, was nicht? Wie sind die Fans drauf, wie wirkt die Band und der Künstler an sich? etc. pp.

Ein Abendtermin bei einem Konzert von Sarah Connor vor rund 1500 zumeist ausgesprochen jungen Fans. Wenn man dann kein Fan ist, geht das für Frau Connor fast automatisch in die Hose, möchte ich meinen. Der Klang wird ja in einer leeren Halle nicht eben besser, wenn nicht genug Leute da sind, um die Saalmiete decken zu können. Von Merchandising-Einnahmen oder Logistikkosten mal ganz zu schweigen. Der feine Herr Redakteur hat das allerbeste daraus gemacht und sich, vermutlich feist grinsend, einen her-vor-ra-gen-den Artikel rausgedrückt. Ein Verriss allererster Kajüte.

Mein Lieblings-Zitat:

Eine Mama will sexy sein: Der Anspruch ist legitim, aber als Showspektakel sollte man so ein Ansinnen nicht inszenieren. Zumal die Sexiness in Sarah Connors Fall, seien wir ehrlich, ja eher eine pfiffig organisierte mantraartige Autosuggestionsübung ist.

Großes Tennis. Dahinter noch ein Verweis auf Frau Connors Einzug in die Top 100 der Unsexiest Women von FHM, groß. Der Text hat noch mehr solcher Schoten parat, kann ich nur jedem empfehlen. Leider haben die Kieler Nachrichten in letzter Zeit immer häufiger die Tendenz, Artikel einfach so wieder verschwinden zu lassen. Oder sie verschieben sie, auf jeden Fall ist das Wort „Permalink“ noch nicht in der Online-Redaktion angekommen. Wir versuchen es einfach mal:

(Anmerkung vom 23.6.18: Wegen einer dräuenden EInführung eines eurpäischen Leistungsschutzrechts für Presseverlage habe ich den Link zum Originalartikel nachträglich entfernt.)

1 comments on Glanzstück des zynischen Verreissens mittelmäßiger Konzerte

  1. Herrlicher Artikel…wollt mich auch totlachen über den Artikel.

    Monsieur Weber hat aber auch wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen – Sarah Connor ist das am schlimmsten überstylteste und unechteste, was die deutsche Musikbranche zu bieten hat. Selbst gecastete Boybands (mir fällt gerade keine ein) sind da noch authentischer, die versuchen zumindest gar nicht erst, sich als große Künstler zu verkaufen.

    aristokittens neuester Blog-Eintrag: Entscheidungshilfe

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