Klugscheißen am Morgen

Ich gebe es gern zu: Ich bin ein Klugscheißer. (Ich hatte auch mal irgendwann ein T-Shirt, auf dem stand: „Ich bin kein Klugscheißer, ich weiß es wirklich besser.“) Wenn ich Dinge sehe, die ganz offensichtlich falsch sind, dann MUSS ich sie einfach richtigstellen, sonst platzt mir irgendwann der Kopf.

So auch heute beim Lesen einer hervorragenden Rezension auf stern.de zum neuen Buch von Karl-Theodor zu Guttenberg.

Zurück zur Rezension. In der Besprechung des Buches „Vorerst gescheitert“ liest man sensationelle Sätze wie

„Vorerst gescheitert“ heißt der Titel des Buchs, und diese Wortwahl ist genial, weil sie den Größenwahn, der die Lektüre bisweilen so unerträglich macht, auf den Punkt bringt.

Herrlich!

Man liest aber leider auch den letzten Absatz:

Unumschränkt auf der Haben-Seite kann Guttenberg derzeit allein die Buchverkäufe verbuchen. Nach Angaben des Verlages ist ein Großteil der ersten Auflage – 80.000 Exemplare – bereits von Buchhändlern oder Kunden vorbestellt. Gerne hätte der Verlag eine große Buchpräsentation mit Guttenberg gemacht, aber der Freiherr mochte nicht anreisen. Er wird, und das gehört in die Abteilung Kuriosa, erst wieder am 28. Januar 2012 in Deutschland auftreten. Bei der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst“ des Aachener Karnevalsvereins wird Guttenberg die Laudatio auf Ottfried Fischer halten. Na hallamasch.

Und hier zuckt der Klugscheißer in mir. Mir rheinischen Wurzeln gesegnet lächle ich am 11.11. umd 11 Uhr 11 zumindest mal kurz, denn viel mehr Karneval gibt es in Norddeutschland nicht. Was auch gut ist, da wollen wir ehrlich sein. Eben diese rheinischen Wurzeln sind es aber auch, die mich bei „Na hallamasch“ zusammenzucken lassen.

„Na hallamasch“ stellt den karnevalserfahrenen Halb-Muttersprachler vor eine gewisse Hürde, denn dieses Wort kennt man so einfach nicht. Wer allerdings zeitlebens nichts mit Karneval zu tun hatte, der kennt „Na hallamasch“ aus dem Fernsehen, wenn bei der Übertragung einer Prunksitzung jemand aus dem Saal verabschiedet wird und der Vorsitzende begeistert „Na hallamasch“ ausruft.

Der uneingeweihte könnte „Na hallamasch“ damit für einen Ausruf der Begeisterung, synonym zu „Na super!“ deuten. Tatsächlich ist das jedoch die Aufforderung an die Kappelle, das berühmte ram-ta-ta, ram-ta-ta, ram-tam-tam-tam-tam-ta-da-da usw. zu spielen. „Na hallamasch“ heißt nämlich gar nicht „Na hallamasch“, sondern „Narrhallamarsch!“ und es ist gleichsam Aufforderung und Anmoderation für das, laut Wikipedia, wichtigste Musikstück im Mainzer Karneval.

Update: Entweder bin ich nicht der einzige Klugscheißer hier, oder mein Blogeintrag hat an den richtigen Stellen Gehör gefunden. Stern.de hat die kritisierte Passage unaufällig korrigiert.

Update 2: Ich bin überzeugt: Bei stern.de gehört Jörn Schaars feine Seite zur Pflichtlektüre. Mittlerweile wurde ein Hinweis auf meinen Klugschiss von heute Morgen eingefügt. Allerdings heißt es dort:

In der ersten Fassung des Textes stand hier „Na hallamasch“ – danke an Leser Christian Reinboth für den Korrekturhinweis, Red.

Der Link führt dann wohin? Richtig: Hier hin, auf Jörn Schaars feine Seite. Liebe Stern.de-Redaktion, für diesen Fauxpax hätte ich gern eine Trostpostkarte mit einem selbstgemalten Dinosaurier drauf.

4 comments on Klugscheißen am Morgen

  1. Klugscheißen ist auch eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, von daher kann ich es mir nicht verkneifen, den letzten Abschnitt in Deinem Update 2 zu bemängeln. Das Fremdwort heißt ‚Fauxpas‘ (falscher Schritt) und wird etwas eingehender erklärt hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Fauxpas

    Ansonsten schönen Tach noch,
    /Thomas

  2. „Und hier zuckt der Klugscheißer in mir. Mir rheinischen Wurzeln gesegnet lächle ich am 11.11. umd 11 Uhr 11 zumindest mal kurz, denn viel mehr Karneval gibt es in Norddeutschland nicht.“

    Ich zucke ebenso ebenso, denn am 11.1. >>>um<<<< 11 Uhr passiert es. Ich werde wach.
    Ein Rheinlaender im Ausland.

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